Aufziehendes Sturmtief ELA

Am Pfingstmontag, 09. Juni 2014, zieht Sturmtief ELA über NRW und richtet massive Schäden an. Wir lassen die Ereignisse von damals noch einmal Revue passieren.

Unsere Berichterstattung beginnt mit einem ersten Hinweis auf ein mögliches Unwetter, den der Deutsche Wetterdienst am Pfingstsonntag ausgibt. Doch wirklich ernst nimmt die Lage nicht wirklich…

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Sonniger Pfingstmontag

Alles beginnt am Pfingstmontag morgens ganz harmlos: Der Feiertag startet sonnig und warm. Die Temperaturen klettern auf teilweise über 30 °C. Die Menschen versammeln sich auf Festivals, tanzen, singen und genießen das Leben. Bei diesen Bedingungen dachte noch keiner an das, was Abends dann folgte.

Über Belgien war tagsüber bereits ein Gewittercluster gezogen, der sich aber scheinbar deutlich abgeschwächt hat. Dort hat es sich bereits abgekühlt, in NRW war es auch um 18 Uhr noch mit teils über 30 °C drückend warm. Durch diesen großen Temperaturunterschied baute sich dann eine Gewitterlinie noch über Belgien auf, die sich zu einem mesoskaligen konvektiven System (MCS) entwickelt hat – eine Superzelle. Erste Stormchaser aus NRW verlegten an die Grenze Belgien/NRW und konnten so live vom Geschehen berichten.

Sturmwarnungen für NRW

Mit den Meldungen der Stormchaser und einem Blick auf das Radarbild werden Sturmwarnungen herausgegeben. Auch bei den Festivals, die vor allem im Rheinland stattfanden, werden die Sturmwarnungen bekannt gegeben und stoßen teilweise auf keine große Freude. Einige nehmen diese ernst und verlassen schnellstmöglich das Gelände, um sich in Sicherheit zu bringen. Andere vertrauen lieber ihrem Instinkt, als den Verantwortlichen und treten einen Heimgang eher sporadisch an – teilweise mit katastrophalen Folgen.

Das aufziehende Gewitter verstärkt sich weiter. Augenzeugen berichten kurz vorher von einem grünlich/gelblich gefärbten Himmel. Um 20 Uhr trifft die Linie dann ca. auf den äußersten Westen von NRW. Viele Menschen werden unterwegs vom Unwetter “überrascht”, weil vorhandene Warnungen mal wieder nicht ernst genommen wurden. Besonders lange dauerte das Unwetter über einem Fleck nicht, aber in dieser kurzen Zeit fielen teilweise über 40 l/m². Es wurden Orkanböen gemessen, die stärkste davon in Düsseldorf am Flughafen mit 142 km/h. Teilweise fiel größerer Hagel und zerstörte Autoscheiben und Fenster. Besonders hat traf es das Rheinland und das Ruhrgebiet. 6 Menschen verloren in Düsseldorf, Köln, Essen und Krefeld ihr Leben, 30 Menschen wurden schwerverletzt, 37 weitere leicht. Insgesamt entluden sich über 80.000 Blitze über Nordrhein-Westfalen. Mehrere Züge mussten auf der Strecke evakuiert werden, da Bäume die Gleise versperrten oder teilweise Bäume auch auf Züge stürzten.

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Foto: Ute S.

Das ganze Ausmaß von Ela wurde jedoch erst am nächsten Tag so richtig bewusst: Verwüstete Straßen, zerstörte Oberleitungen, abgedeckte Häuser, entwurzelte Bäume. Teile von NRW glichen einem richtigen Schlachtfeld. Die Versicherungen sprechen von einer Schadenssumme von über 650 Millionen Euro. 6 Menschen sterben, es gibt unzählige Verletzte. Der Bahnverkehr war größtenteils lahmgelegt, erst am Donnerstag danach fuhren die Züge wieder halbwegs planmäßig. Viele Wälder und Parks blieben noch wochenlang oder monatelang gesperrt, da die Gefahr eines Astbruchs zu groß war und das Personal fehlte, um alles schnell zu beseitigen. Neben dem materiellen Schaden wurden auch über 300 Jahre alte Bäume in Düsseldorf entwurzelt. Essen meldete beispielsweise über 20.000 entwurzelte Bäume – eine Anzahl, die man sich so nie hätte vorstellen können.

Foto: Sven E.

Aufräumen nach dem Sturm

Insgesamt zeigte sich eine große Solidarität in NRW. Viele Menschen aus den von ELA verschonten Regionen kamen in die Gebiete und halfen, wo sie konnten. Straßen wurden wieder befahrbar gemacht und Gärten gemeinsam aufgebaut. In den sozialen Netzwerken wurden Gruppen wie “Köln packt an” gegründet, um Hilfe anzubieten und anzunehmen. So ein Ereignis schweißt zusammen. Die Feuerwehr meldete insgesamt über 31.000 Einsätze. Die einzelnen Feuerwehren halfen sich gegenseitig, um die große Anzahl an Einsätzen abarbeiten zu können. Unzählige Gebäude mussten auf Sturmschäden überprüft werden, bevor diese wieder für die Öffentlichkeit freigegeben wurden, darunter waren viele Schulen und Kindergärten, wo teilweise fast eine Woche der Unterricht ausfallen musste, um die Sicherheit der Kinder zu gewährleisten.

Foto: Sabrina F. in Dortmund

Die Aufräumarbeiten dauerten wochen- oder sogar monatelang und für viele war ELA ein sehr einschneidendes Erlebnis. Nachher kam viel Kritik auf, dass Medien die vorhandenen Warnungen nicht vernünftig weiter kommuniziert hatten (TV-Programm unterbrechen, Radio-Sondersendung, …), um die Bevölkerung vor möglichen Schäden zu bewahren. Aus diesem Ereignis heraus haben sich mehrere Hobby-Meteorologen zusammen getan und das Projekt “Rhein-Ruhr-Wetter” gegründet, den Vorgänger von Wetter NRW. So gesehen feiern wir dann auch Geburtstag!

Auch die Wetter NRW-Community hat ELA unterschiedlich erlebt. Hier einige Erinnerungen aus der Community, herzlichen Dank dafür:

Ich hatte gerade meinen Sohn ins Bett gebracht, als ich diese schwarze Wand vom Fenster aus sah. In ihr blitzte es in allen möglichen Farben, sowas hab ich noch nie zuvor gesehen. Dann ging es auch schon los….Ich hab vor Angst meinen Nachbarn zu mir rüber geholt. Der blieb bei mir, bis alles vorbei war. Am nächsten Morgen hat man erst das volle Ausmaß gesehen. Überall waren Bäume umgestürzt, Straßen waren teilweise überflutet und unpassierbar. Ich hoffe, dass ich sowas nie wieder erleben muss.

PS: Mein Sohn hat in der ganzen Zeit tief und fest geschlafen.

Wettermelderin Melanie D.

Ich habe damals die Warnungen nicht ernst genommen. War mit meinem Hund noch bei Freunden. Auf dem weg nach Hause wurde es schlagartig dunkel und der Wind ging schon recht heftig. In dem Moment wo der Himmel seine Schleusen geöffnet hat waren es noch ca. 200 Meter bis zur Haustüre.

In meiner Wohnung angekommen dachte ich wirklich die Welt geht unter. […] Ich saß zitternd mit meinem Hund auf dem Boden. Die Blitze waren heftig und der Donner der folgte ließ meine ganze Wohnung vibrieren. Als es vorbei war stand meine Nachbarin bei mir, es lief das Wasser in ihrer Wohnung die Wände runter, genauso im Flur lief das Wasser von oben zu uns runter.

Seit dem nehme ich jede Warnung von einem Unwetter ernst und freue mich, wenn nichts passiert.

Wettermelderin Vanessa P.

Als Freiwilliger Feuerwehrmann wollte ich vorher schon am Gerätehaus sein. Leider war ich zu spät. In unserer Einfahrt lag leider schon ein Baum sodass ich nicht mehr zum Gerätehaus kam. Meine Kameraden waren die ganze Nacht im Einsatz. Bis morgens die Ablösung aus einer anderen Stadt kam. Nach ca. 10 Std. wurden wir wieder alarmiert. Das ganze ging eine ganze Woche so.

Das wird mir immer in Erinnerung bleiben.

Wettermelder Christoph M.

ELA in Zahlen

Höchste Windgeschwindigkeit: 142 km/h (Düsseldorf-Flughafen)

Tote: 6 Menschen

Schwerverletzte: 30 Menschen

Leichtverletzter 37 Menschen

Weitere Medien

WDR: Als Sturmtief ELA das Land verwüstete

WDR: Das Jahrhundertgewitter ELA

Bochumschau: Pfingstunwetter ELA

Quellen

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